Klang & Yoga – Schwingung auf alle Ebenen
- Jolijn van Oers

- vor 4 Tagen
- 3 Min. Lesezeit

Jeder kennt es: Der eine Lieblingssong spielt, und noch bevor du dich versiehst, fängt dein Fuß an zu tappen, dein Kopf nickt rhythmisch, und dein Körper schwingt sanft mit. Ganz unwillkürlich, manchmal sogar unbemerkt. Musik macht etwas mit uns. Sie bewegt uns, körperlich sowie emotional und kann uns bis ins Tiefste berühren.
Dabei ist Musik im Wesen nichts anderes als ein rhythmisches Aufeinanderfolgen unterschiedlicher Klänge. Und Klang ist wiederum die Schwingung, die entsteht, wenn sich ein Gegenstand, wie eine Gitarrensaite, in einer bestimmten Frequenz bewegt. Das Schwingen erzeugt hörbare Schallwellen, die wir als Klang wahrnehmen. Diese Wellen lassen alles auf ihrem Weg mitschwingen. Du kannst sie auch körperlich erfahren, zum Beispiel wenn du während eines Popkonzerts die Basstöne in deinem Bauch vibrieren spürst.
Musik und Klang haben eine entspannende Wirkung auf unseren Körper und Geist. Daher finden sie vielfältige Anwendung in Meditation, Therapie oder beim Chanten als Teil einer Yogastunde.
Spanda: Alles ist Schwingung
Um zu verstehen, warum Klang es in sich hat, uns nicht nur bis in jede Körperzelle zu bewegen, sondern auch emotional und psychisch zu berühren, müssen wir hineinzoomen und die Begriffe Klang und Schwingung auf einer höheren Ebene betrachten. Denn das ganze Universum befindet sich in einer kontinuierlichen Schwingung, einem rhythmischen Pulsieren von Energie und Materie. Im Yoga nennt man das „Spanda“. Und alles, ja wirklich alles, pulsiert mit. In unserem Körper spüren wir dies bei jedem Atemzug, in unserem Puls. Wenn wir über Spanda sprechen, betrifft das jedoch nicht ausschließlich physische, greifbare Dinge. Auch Energie, Leerraum und sogar Ideen schwingen hier mit. So bildet Spanda den verbindenden Puls zwischen Gegensätzen: Er schwingt zwischen Innen und Außen, Hell und Dunkel, Stabilität und Freiheit. Und hier kommt Klang wieder ins Spiel. Denn Klang als Welle, als Ausdruck von Spanda, verbindet in seiner Schwingung Körper und Geist. Wir spüren die Verbindung zu uns selbst, zu anderen Menschen und zum Universum. Musik und Klang machen Spanda über den Körper erfahrbar.
Mikrokosmos Mensch
Wo Spanda im Universum oft unsichtbar bleibt, wird diese Verbundenheit in unserem grobstofflichen Körper sogar sichtbar in einer besonderen Materie: in den Faszien. In diesem vielfältig strukturierten, sich ständig anpassenden Bindegewebe verbirgt sich eine weitere Erklärung dafür, warum Musik und Klang uns so wirksam berühren, energetisieren oder auch entspannen können. Denn alle Körperteile sind über das fasziale Gewebe miteinander verbunden. Die Faszien bilden dabei komplexe Ketten, die Informationen über Botenstoffe, Spannung, Druck und Bewegung im ganzen Körper weiterleiten. Auch befinden sich hier Nervenenden, wodurch Faszien und Nervensystem sich gegenseitig beeinflussen. Wenn die Faszien in die Entspannung kommen, entspannt sich das Nervensystem mit.
Um die An- und Entspannung zu regulieren und sich anpassen zu können, verfügt das fasziale Gewebe über zahlreiche Rezeptoren, die auf unterschiedliche Impulse reagieren. So gibt es Rezeptoren, die empfänglich sind für schnelle, plötzliche Reize. Diese werden aktiviert, wenn du ruckartige Bewegungen machst, zum Beispiel während einer Schüttelmeditation – aber auch, wenn du wild und intuitiv tanzt. Andere Rezeptoren in den Faszien reagieren auf ganz subtile Impulse, wie zum Beispiel die Vibrationen, aus denen ein Ton besteht. Hier kommen Methoden wie die Stimmgabeltherapie oder ein Soundbath zum Einsatz, aber auch ein langsamer, sinnlicher Tanz.
Wenn wir uns also vom Klang umgeben lassen, ganz gleich ob therapeutisches Soundbath oder Popkonzert, und wir bis in jede Körperzelle von der Schwingung bewegt werden, dann erfährt der Mensch sich als Mikrokosmos und wir können uns daran erinnern, dass wir als Teil des großen Universums immer mit allem verbunden sind.
Praxis: AUM – der universelle Urklang
Hast du dir unser Logo schon einmal richtig angeschaut und das AUM im Yogaraum entdeckt? Eine einfache, aber wirkungsvolle Möglichkeit, die entspannende und heilende Wirkung des Klangs zu erfahren, ist das Chanten von AUM oder OM. Unterschiedliche Traditionen kennen verschiedene Bedeutungen für diese heilige Silbe (ॐ), von „Ja“ oder „So ist es“ bis zu meinem persönlichen Favoriten: dem dreistufigen Kreislauf des Lebens – Anfang, Mitte und Ende, A-U-M. Hier findest du eine Übung, wie du das AUM in deiner Praxis erfahren kannst:
Setze dich in einen bequemen, aufrechten Sitz und spüre zunächst, wie und wo dein Atem jetzt fließt.
Atme tief ein und aus, entspannt ein und lasse beim Ausatmen ein A erklingen. Wiederhole das 3–5 Mal oder so oft du möchtest.
Verweile für einen Moment in die Stille und spüre, wo in deinem Körper das A nachklingt.
Mache das Gleiche für das U und schließlich das M.
Verbinde nun die drei Klänge und chante mehrmals das ganze AUM. Vielleicht spürst du, wie dieser Klang wellenartig durch deinen Körper zieht.
Genieße den Nachklang im Sitzen oder lege dich in Savasana, um nachzuspüren.
Du möchtest die heilsame Wirkung des Klangs selbst erfahren? Hier sind die nächsten musikalischen Events im Yogaraum:
Freitag, 14. November: Magic Mantras mit Raimund Mauch
Sonntag, 30. November: Deep Yin & Piano Tunes mit Marion & Bow Miller
Samstag, 13. Dezember: Seelenklang mit Bruno Aleppio



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